Kolloquium 2025
Heutzutage gibt es bei immer mehr Menschen in westlich-liberalen Gesellschaften ein Bewusstsein dafür, dass Diskriminierungsformen wie Sexismus, Rassismus, Antisemitismus und Homophobie hochproblematisch sind. In der Diskussion weniger präsent sind Diskriminierungsformen gegenüber Menschengruppen, die in den Augen einiger Teile der Gesellschaft nicht oder noch nicht genügend ökonomisches, kognitives, neurologisches und/oder physiologisches Potential mitbringen. Im Zusammenhang mit unserem Vereinsanliegen ist das vor allem jene Diskriminierungsform, die vermutlich jeder Mensch von Geburt an in unserer Gesellschaft mehr oder weniger stark erfährt. Die Rede ist von Adultismus, also der Diskriminierung von Kindern und Jugendlichen aufgrund ihres Alters.
Adultismus erleben wir in unserem Elternhaus und unserem sozialen Umfeld, in Institutionen und in der gesamten Gesellschaft. Er findet sich in Erziehung und Bildung, in fehlender ökonomischer und gesellschaftlicher Teilhabe und in Gesetzestexte gegossen.
Wir als Freilerner-Solidargemeinschaft e.V. wollen das Thema Adultismus im Rahmen unseres Kolloquiums 2025 diskutieren und dabei die Diskriminierung junger Menschen in Sachen Bildung, in der Institution Schule und den zugehörigen gesetzlichen Rahmenbedingungen in den Mittelpunkt stellen.
Wir erhalten zunehmend Anfragen von schulpflichtigen jungen Menschen (Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene), denen Schule und Schulsystem nicht gerecht werden und die – oft mit Unterstützung ihrer Eltern – einen selbstbestimmten und selbstorganisierten Bildungsweg gehen möchten. Dem steht die in allen deutschen Bundesländern praktisch ausnahmslos geltende Schulbesuchspflicht im Wege. Wir möchten betonen, dass es uns dabei nicht um Situationen geht, in denen Eltern ihre Kinder von der Schule fernhalten. Es geht uns nicht um ein Elternrecht, sondern um Fragen des Selbstbestimmungsrechts junger Menschen, insbesondere des Rechts junger Menschen auf Selbstbestimmung in der Bildung.
Unsere Erfahrung ist, dass die betroffenen jungen Menschen nicht wirklich wahr- und ernst genommen werden. Schulische Bildung wird als alternativlos betrachtet. Die Möglichkeit einer wohlüberlegten eigenen Entscheidung wird nicht in Betracht gezogen. Die betroffenen jungen Menschen und ihre Familien werden erheblichen behördlichen Sanktionen unterworfen, die in der Regel ohne jegliche Berücksichtigung der individuellen Interessen der Betroffenen nur ein einziges Ziel kennen: die schnellstmögliche Durchsetzung des Schulbesuchs.
Im November 2025 möchten wir mit Wissenschaftler*innen, Aktivist*innen sowie Praktiker*innen aus verschiedenen Disziplinen und selbst betroffenen Menschen darüber diskutieren, in wie fern Adultismus als spezifische Diskriminierungsform das Leben und Lernen junger Menschen im Bildungs- und Schulkontext belastet und wie er sich künftig dort überwinden ließe.